Um zu entscheiden, ob ein Lebensmittel vor 1997 in der EU in signifikanten Mengen konsumiert wurde, müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Da dieser Faktor bei der Einstufung eines jeweiligen Lebensmittels eine zentrale Rolle spielt, behandelt die EU das Thema auch in einem eigenen Fachdokument.
Wichtig zu betonen ist allerdings, dass bei jedem Lebensmittel individuell geprüft werden muss, ob die Voraussetzungen für eine korrekte Einstufung des Lebensmittels gegeben sind. Zwar mag es Fälle geben, in denen aufgrund der „Geschichte“ des Lebensmittels ein erheblicher Verzehr offensichtlich ist (z. B. wenn umfangreiche Verkaufsdaten verfügbar sind), grundsätzlich ist es jedoch erforderlich, das „Gesamtbild“ zu betrachten.
Schauen wir uns die Aspekte an, die wir unbedingt prüfen müssen, um zu entscheiden, ob ein Lebensmittel zuvor in nennenswerten Mengen in der EU verkauft wurde oder nicht, da es sich hierbei um ein neuartiges Lebensmittel handeln kann.
1.) Angaben zur Verwendung als Lebensmittel
Um den Bezug der Dokumentation zum Lebensmittelverzehr nachzuweisen, müssen neben der Zusammensetzung des Lebensmittels folgende Basisinformationen vorliegen:
- Lateinischer Name
- Kennzeichnung von Teilen, die vor 1997 als Lebensmittel verwendet wurden
- Produktform/Konzentration (z. B. Flüssigkeit, Extrakt)
2.) Dokumentation
Zum Nachweis, dass das betreffende Lebensmittel vor 1997 in der EU legal in den Verkehr gebracht wurde, sind verlässliche und stabile Informationen und Daten aus zitierten Quellen erforderlich.
Einzelne Daten, die lediglich über einen Teil des Verbrauchs Auskunft geben (z.B. Importlisten, aus denen der Verwendungszweck eines Produktes nicht hervorgeht), sind für diese Überprüfung in der Regel nicht ausreichend bzw. geeignet, sondern es muss auf eine Vielzahl von Informationen zurückgegriffen werden.
Auch können bei der Beurteilung einer signifikanten Menge nationale lebensmittelrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen sein (z.B. welcher Teil oder welche Form einer Frucht zuvor verzehrt wurde).
3.) Geografische Faktoren
Da bestimmte Lebensmittel in den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten möglicherweise in unterschiedlichem Ausmaß konsumiert wurden, ist es wichtig zu klären, in welchem geografischen Rahmen der Verzehr eines Lebensmittels üblicherweise und weit verbreitet war.
Allerdings kann ein Lebensmittel auch von der Pflicht zur Zulassung als neuartiges Lebensmittel ausgenommen werden, wenn ein nennenswerter Verbrauch in einem EU-Mitgliedsstaat nachgewiesen wird.
4.) Menge des Verbrauchs
Je höher die Verzehrmenge eines Lebensmittels ist, desto einfacher lässt sich ein signifikanter Verzehr nachweisen.
Was als außergewöhnlich hoher Verzehr eines Lebensmittels gilt, hängt maßgeblich von der Art des Lebensmittels ab (z. B. kann von einem Gewürz weniger in der Summe viel sein).
Neben der Verzehrmenge kann auch die Marktverfügbarkeit des Lebensmittels entscheidend sein, also ob das Produkt einer breiten Verbraucherschicht zur Verfügung stand.
5.) Verwendungszweck
Der Verwendungszweck eines Produktes muss als Verzehr als Lebensmittel angesehen werden.
Dies bedeutet, dass Produkte, die vor 1997 in nennenswerten Mengen in der EU für andere Zwecke als die Lebensmittelindustrie verwendet wurden (z. B. als Tierfutter), nicht berücksichtigt werden können.
6.) Besondere Verbrauchergruppen, Nutzungsbedingungen
Die Lebensmittel müssen im Rahmen der allgemeinen Essgewohnheiten des Durchschnittsverbrauchers in erheblichen Mengen verzehrt worden sein. Dabei kann es sich um ein Produkt handeln, das zu besonderen Anlässen (z. B. festlichen Anlässen) konsumiert wird, es muss sich jedoch nicht um ein Produkt handeln, das an Personen mit besonderen Bedürfnissen (z. B. Diätpatienten) verkauft wird.
7.) Verwendung anderer Teile oder Formen von Lebensmitteln oder neuer Technologien
Im Vergleich zu dem für den Zeitraum vor 1997 feststellbaren signifikanten Verzehr des Lebensmittels kann die Verwendung eines anderen Bestandteils des Lebensmittels oder in einer anderen Form oder die Herstellung mittels einer neuen Technologie eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel begründen.
8.) Zugänglichkeit
a) Ort
Nur Lebensmittel, die in einem EU-Mitgliedsstaat legal auf den Markt gebracht wurden, können für den Verzehr getestet werden.
Dabei muss auch die Erreichbarkeit zum Konsumenten (spezialisierte Vertriebswege oder allgemeiner Ladenverkauf) berücksichtigt werden.
b) Zeitrahmen
Auch die Verfügbarkeit des Produkts über die Jahre hinweg ist zu prüfen, also ob von kontinuierlichem oder nur periodischem Verbrauch ausgegangen werden kann und inwieweit kontinuierlicher Verbrauch als aktuell angesehen werden kann.
Die Entscheidung über den Status eines neuartigen Lebensmittels kann in der Regel nicht durch Ja/Nein-Antworten getroffen werden, sondern erfordert unter Umständen zahlreiche und umfangreiche zusätzliche Informationen und die Einbeziehung eines Fachmanns – auch eines mit juristischen Kenntnissen.
Es ist nicht unmöglich, das erste ungarische neuartige Lebensmittel, Sorghum-Sirup, wurde bereits zugelassen! Der Inhaber der Novel-Food-Lizenz darf dieses 5 Jahre lang exklusiv in der EU vertreiben!