1. Allgemeine Einführung
Auch im Jahr 2025 verfolgt das europäische Zollsystem primär den Zweck, die Industrie innerhalb der EU vor unlauterem Wettbewerb aus Drittstaaten zu schützen. Zölle auf Waren aus Nicht-EU-Ländern (Drittlandszölle) dienen als Schutzmaßnahme und werden beim Import einmalig erhoben. Auf in der EU hergestellte Waren werden keine Zölle erhoben.
Der fiskalische Aspekt ist sekundär: 75 % der Zolleinnahmen fließen weiterhin in den EU-Haushalt, 25 % verbleiben beim jeweiligen Mitgliedstaat.
Das Gemeinsame Zolltarifsystem der EU wird durch Präferenzabkommen ergänzt, darunter neue Freihandelsabkommen wie das EU-Neuseeland-Abkommen (in Kraft seit 2024) sowie laufende Modernisierungen älterer Abkommen (u. a. mit Mexiko und Chile). Ferner bestehen autonome Zollaussetzungen und Zollkontingente sowie Zollpräferenzen für Entwicklungsländer im Rahmen des überarbeiteten Allgemeinen Präferenzsystems (APS+).
Zunehmend bedeutsam ist der sicherheitsrechtliche Aspekt: Seit der EU-Zollreform (Anwendungspflicht des überarbeiteten Zollkodex der Union – ZK und dessen Durchführungsverordnungen bis Ende 2023) werden digitale Risikoanalysen, IT-gestützte Zollsysteme und das AEO-Zertifikat zur Sicherung der Lieferkette intensiv eingesetzt.
Die Mehrwertsteuer (MwSt) sowie Verbrauchsteuern (z. B. auf Tabak, Alkohol, Energie) bleiben hingegen klassische Steuerinstrumente zur Haushaltsfinanzierung – unabhängig von der Herkunft der Ware. Die MwSt wird auf Waren und Dienstleistungen erhoben, die Verbrauchsteuern nur auf bestimmte Produktgruppen.
—
2. Anfall von Zoll und Mehrwertsteuer
Eine Zollschuld entsteht im Regelfall gemäß Art. 77 ZK bei der Überführung von Nicht-Unionswaren in den zollrechtlich freien Verkehr. Daneben kann gemäß Art. 79 ZK auch eine Zollschuld durch vorschriftswidrige Verbringung oder unzulässige Verwendung entstehen.
Nicht jede Einfuhr führt jedoch automatisch zur Zollschuld. Die zollamtliche Überwachung beginnt bereits mit der Einfuhr, also mit der tatsächlichen Grenzüberschreitung, nicht erst mit der Überführung in ein Zollverfahren.
Die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) entsteht hingegen dann, wenn eine Ware in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wird und dadurch als „inländisch verwendet“ gilt. Die EUSt ist eine nationale Steuer, unterliegt aber dem harmonisierten EU-Mehrwertsteuerrecht (Richtlinie 2006/112/EG, MwStSystRL).
Der Charakter der EUSt als Verbrauchssteuer unterscheidet sie vom Zoll: Sie wird nicht durch zollrechtliche Vorschriften im engeren Sinne geregelt, sondern durch das Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie die MwSt-Richtlinie.
—
3. Vorsteuerabzug bei der Einfuhr
Gemäß Art. 168 lit. e MwStSystRL ist der Vorsteuerabzug bei der Einfuhr nicht davon abhängig, dass die EUSt tatsächlich entrichtet wurde, sondern nur davon, dass sie geschuldet ist. Dies wurde durch das EuGH-Urteil „Veleclair“ (C-414/10) klargestellt.
Deutschland hat daraufhin § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG angepasst: Die tatsächliche Zahlung der EUSt ist nicht mehr Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, sofern der Steuerpflichtige als Einführer gilt und zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Auch 2025 gilt daher: Der Unternehmer kann die EUSt als Vorsteuer abziehen, sobald diese dem Grunde nach entstanden ist – unabhängig von einer konkreten Zahlung, sofern kein Missbrauch oder Betrug vorliegt.
—
4. Einfuhrumsatzsteuerabzug je nach Verfügungsberechtigung
In der deutschen Praxis wird der Vorsteuerabzug bislang noch häufig an die Verfügungsbefugnis zum Zeitpunkt der Einfuhr geknüpft. Diese Sichtweise wurde jedoch bereits durch mehrere Finanzgerichte und den EuGH relativiert.
Maßgeblich ist nicht, wer über die Ware verfügen konnte, sondern wer als Schuldner der EUSt auftritt, was durch den Abgabenbescheid (Einfuhrbescheid) nachgewiesen wird.
Nach dem Urteil des Finanzgerichts Hamburg (5 K 302/09) besteht ein Anspruch auf Vorsteuerabzug auch dann, wenn der Einführer keine tatsächliche Verfügungsmacht über die Ware hatte – solange er wirtschaftlich belastet ist und im eigenen Namen handelt.
2025 zeichnet sich auch in der deutschen Finanzrechtsprechung eine weitere Annäherung an das unionsrechtliche Verständnis der MwSt-Neutralität ab.
—
5. Aktuelle Entwicklungen 2025
* EU-Zollrecht 2025: Die Reform des Unionszollkodexes geht in die finale Umsetzungsphase. Das EU Customs Data Hub soll bis 2028 vollständig eingeführt sein.
* Digitalisierung: Die vollständige elektronische Abwicklung der Zollformalitäten ist ab Mai 2025 in Deutschland verpflichtend. Das System ATLAS wurde aktualisiert (Version 11.0).
* Einfuhrumsatzsteuer-Verlagerung: In immer mehr Mitgliedstaaten (z. B. Frankreich, Belgien, Österreich) wird die EUSt im sogenannten „Verlagerungsverfahren“ (Reverse-Charge-Verfahren) nur noch buchhalterisch erfasst. In Deutschland ist dies bislang nur eingeschränkt möglich (§ 21 Abs. 2 UStG).
* Ursprungsregelungen 2025: Mit neuen bilateralen Handelsabkommen (u. a. mit Indien in Verhandlung) werden erweiterte Kumulierungsregeln eingeführt.
—
Fazit:
Die EU verfolgt 2025 eine zunehmende Harmonisierung und Digitalisierung des Zoll- und Umsatzsteuerrechts. Während Zollabgaben vorwiegend protektionistische und sicherheitsbezogene Zwecke erfüllen, bleibt die EUSt ein zentraler Bestandteil der Mehrwertsteuerstruktur, deren Abzugsfähigkeit auch weiterhin an EU-rechtliche Maßstäbe der Steuerneutralität gebunden ist.
Dr. Katona Géza, LL.M. ügyvéd (Rechtsanwalt / attorney at law)
___________________________________

Katona és Társai Ügyvédi Társulás
(Katona & Partner Rechtsanwaltssozietät / Attorneys‘ Association)
H-106 Budapest, Tündérfürt utca 4.
Tel.: +36 1 225 25 30
Mobil: + 36 70 344 0388
Fax: +36 1 700 27 57
Zölle und Mehrwertsteuer in der EU (Rechtslage 2025)
1. Allgemeine Einführung
Auch im Jahr 2025 verfolgt das europäische Zollsystem primär den Zweck, die Industrie innerhalb der EU vor unlauterem Wettbewerb aus Drittstaaten zu schützen. Zölle auf Waren aus Nicht-EU-Ländern (Drittlandszölle) dienen als Schutzmaßnahme und werden beim Import einmalig erhoben. Auf in der EU hergestellte Waren werden keine Zölle erhoben.
Der fiskalische Aspekt ist sekundär: 75 % der Zolleinnahmen fließen weiterhin in den EU-Haushalt, 25 % verbleiben beim jeweiligen Mitgliedstaat.
Das Gemeinsame Zolltarifsystem der EU wird durch Präferenzabkommen ergänzt, darunter neue Freihandelsabkommen wie das EU-Neuseeland-Abkommen (in Kraft seit 2024) sowie laufende Modernisierungen älterer Abkommen (u. a. mit Mexiko und Chile). Ferner bestehen autonome Zollaussetzungen und Zollkontingente sowie Zollpräferenzen für Entwicklungsländer im Rahmen des überarbeiteten Allgemeinen Präferenzsystems (APS+).
Zunehmend bedeutsam ist der sicherheitsrechtliche Aspekt: Seit der EU-Zollreform (Anwendungspflicht des überarbeiteten Zollkodex der Union – ZK und dessen Durchführungsverordnungen bis Ende 2023) werden digitale Risikoanalysen, IT-gestützte Zollsysteme und das AEO-Zertifikat zur Sicherung der Lieferkette intensiv eingesetzt.
Die Mehrwertsteuer (MwSt) sowie Verbrauchsteuern (z. B. auf Tabak, Alkohol, Energie) bleiben hingegen klassische Steuerinstrumente zur Haushaltsfinanzierung – unabhängig von der Herkunft der Ware. Die MwSt wird auf Waren und Dienstleistungen erhoben, die Verbrauchsteuern nur auf bestimmte Produktgruppen.
—
2. Anfall von Zoll und Mehrwertsteuer
Eine Zollschuld entsteht im Regelfall gemäß Art. 77 ZK bei der Überführung von Nicht-Unionswaren in den zollrechtlich freien Verkehr. Daneben kann gemäß Art. 79 ZK auch eine Zollschuld durch vorschriftswidrige Verbringung oder unzulässige Verwendung entstehen.
Nicht jede Einfuhr führt jedoch automatisch zur Zollschuld. Die zollamtliche Überwachung beginnt bereits mit der Einfuhr, also mit der tatsächlichen Grenzüberschreitung, nicht erst mit der Überführung in ein Zollverfahren.
Die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) entsteht hingegen dann, wenn eine Ware in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wird und dadurch als „inländisch verwendet“ gilt. Die EUSt ist eine nationale Steuer, unterliegt aber dem harmonisierten EU-Mehrwertsteuerrecht (Richtlinie 2006/112/EG, MwStSystRL).
Der Charakter der EUSt als Verbrauchssteuer unterscheidet sie vom Zoll: Sie wird nicht durch zollrechtliche Vorschriften im engeren Sinne geregelt, sondern durch das Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie die MwSt-Richtlinie.
—
3. Vorsteuerabzug bei der Einfuhr
Gemäß Art. 168 lit. e MwStSystRL ist der Vorsteuerabzug bei der Einfuhr nicht davon abhängig, dass die EUSt tatsächlich entrichtet wurde, sondern nur davon, dass sie geschuldet ist. Dies wurde durch das EuGH-Urteil „Veleclair“ (C-414/10) klargestellt.
Deutschland hat daraufhin § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG angepasst: Die tatsächliche Zahlung der EUSt ist nicht mehr Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, sofern der Steuerpflichtige als Einführer gilt und zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Auch 2025 gilt daher: Der Unternehmer kann die EUSt als Vorsteuer abziehen, sobald diese dem Grunde nach entstanden ist – unabhängig von einer konkreten Zahlung, sofern kein Missbrauch oder Betrug vorliegt.
—
4. Einfuhrumsatzsteuerabzug je nach Verfügungsberechtigung
In der deutschen Praxis wird der Vorsteuerabzug bislang noch häufig an die Verfügungsbefugnis zum Zeitpunkt der Einfuhr geknüpft. Diese Sichtweise wurde jedoch bereits durch mehrere Finanzgerichte und den EuGH relativiert.
Maßgeblich ist nicht, wer über die Ware verfügen konnte, sondern wer als Schuldner der EUSt auftritt, was durch den Abgabenbescheid (Einfuhrbescheid) nachgewiesen wird.
Nach dem Urteil des Finanzgerichts Hamburg (5 K 302/09) besteht ein Anspruch auf Vorsteuerabzug auch dann, wenn der Einführer keine tatsächliche Verfügungsmacht über die Ware hatte – solange er wirtschaftlich belastet ist und im eigenen Namen handelt.
2025 zeichnet sich auch in der deutschen Finanzrechtsprechung eine weitere Annäherung an das unionsrechtliche Verständnis der MwSt-Neutralität ab.
—
5. Aktuelle Entwicklungen 2025
* EU-Zollrecht 2025: Die Reform des Unionszollkodexes geht in die finale Umsetzungsphase. Das EU Customs Data Hub soll bis 2028 vollständig eingeführt sein.
* Digitalisierung: Die vollständige elektronische Abwicklung der Zollformalitäten ist ab Mai 2025 in Deutschland verpflichtend. Das System ATLAS wurde aktualisiert (Version 11.0).
* Einfuhrumsatzsteuer-Verlagerung: In immer mehr Mitgliedstaaten (z. B. Frankreich, Belgien, Österreich) wird die EUSt im sogenannten „Verlagerungsverfahren“ (Reverse-Charge-Verfahren) nur noch buchhalterisch erfasst. In Deutschland ist dies bislang nur eingeschränkt möglich (§ 21 Abs. 2 UStG).
* Ursprungsregelungen 2025: Mit neuen bilateralen Handelsabkommen (u. a. mit Indien in Verhandlung) werden erweiterte Kumulierungsregeln eingeführt.
—
Fazit:
Die EU verfolgt 2025 eine zunehmende Harmonisierung und Digitalisierung des Zoll- und Umsatzsteuerrechts. Während Zollabgaben vorwiegend protektionistische und sicherheitsbezogene Zwecke erfüllen, bleibt die EUSt ein zentraler Bestandteil der Mehrwertsteuerstruktur, deren Abzugsfähigkeit auch weiterhin an EU-rechtliche Maßstäbe der Steuerneutralität gebunden ist.
Dr. Katona Géza, LL.M. ügyvéd (Rechtsanwalt / attorney at law)
___________________________________

Katona és Társai Ügyvédi Társulás
(Katona & Partner Rechtsanwaltssozietät / Attorneys‘ Association)
H-106 Budapest, Tündérfürt utca 4.
Tel.: +36 1 225 25 30
Mobil: + 36 70 344 0388
Fax: +36 1 700 27 57