Die ungarische Umsetzung der ATAD-Richtlinie – GAAR, CFC und Regelungen zur Unterkapitalisierung

Auf Grundlage der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der Europäischen Union (ATAD – Anti-Tax Avoidance Directive) hat Ungarn in den letzten Jahren schrittweise die erforderliche Rechtsangleichung vollzogen. Zentrale Elemente der Richtlinie – darunter die allgemeine Regelung gegen Steuerumgehung (GAAR), die Vorschriften über kontrollierte ausländische Gesellschaften (CFC) sowie die Regelungen zur Unterkapitalisierung (Thin Capitalization) – wurden in das ungarische Körperschaftsteuerrecht integriert.

Nachfolgend fassen wir die ungarische Anwendung dieser Vorschriften und deren praktische Auswirkungen zusammen.


1. Allgemeine Regel gegen Steuerumgehung (GAAR)

Umsetzung:

  • Bereits vor Inkrafttreten der ATAD verfügte Ungarn über eine allgemeine Regel gegen Steuerumgehung, welche jedoch gemäß Artikel 6 der Richtlinie gestärkt wurde.
  • Die Vorschrift ist in § 1 Abs. 7 des Gesetzes Nr. CL aus dem Jahr 2017 über das Steuerverfahren (Art.) geregelt.
  • Die ungarische Steuerbehörde (NAV) ist berechtigt, Gestaltungen unberücksichtigt zu lassen, deren Hauptzweck (oder einer der Hauptzwecke) die Erlangung eines Steuervorteils ist und die künstlich sind bzw. dem Zweck der Steuervorschriften zuwiderlaufen.

Praktische Auswirkungen:

  • Die NAV beruft sich zunehmend auf diese Vorschrift im Rahmen von Betriebsprüfungen – insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen oder strukturierten Umgestaltungen.
  • Typische Anwendungsbereiche: Immobilienprojekte, Holdingstrukturen, hybride Gestaltungen.
  • Die Anwendung erfolgt jedoch einzelfallbezogen, und die ungarische Praxis ist im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten noch relativ zurückhaltend.

2. Vorschriften über kontrollierte ausländische Gesellschaften (CFC)

Umsetzung:

  • Die CFC-Regelungen wurden durch die Änderung des Körperschaftsteuergesetzes (Gesetz Nr. LXXXI aus 1996 – Tao. tv.) eingeführt, im Einklang mit den Artikeln 7–8 der ATAD.
  • Ab 2019 wurde die Definition einer CFC erweitert:

Eine ausländische Gesellschaft gilt als CFC, wenn ein ungarischer Steuerpflichtiger (allein oder gemeinsam mit verbundenen Unternehmen) über eine Mehrheitsbeteiligung verfügt (mehr als 50 % der Stimmrechte, Kapitalanteile oder Gewinnbeteiligungen) und die effektive Steuerbelastung der ausländischen Gesellschaft weniger als die Hälfte der ungarischen Körperschaftsteuer beträgt.

  • Die von der CFC erzielten, typischerweise passiven Einkünfte (z. B. Zinsen, Lizenzgebühren, Dividenden) sind beim ungarischen Steuerpflichtigen in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

Praktische Auswirkungen:

  • Erhebliche Verwaltungs- und Dokumentationspflichten für Unternehmen mit Auslandbeteiligungen.
  • Besonders relevant bei Holdings, Trusts und IP-Strukturen in Niedrigsteuerländern.
  • Häufige Prüfungsziele: Gesellschaften mit Sitz in Zypern, Malta, den VAE oder Offshore-Gerichtsbarkeiten.

3. Regelungen zur Unterkapitalisierung (Interest Limitation Rule)

Umsetzung:

  • Im Jahr 2019 trat eine neue Regelung in Kraft, die Artikel 4 der ATAD entspricht und das bisherige fixe steuerliche Korrektursystem ersetzt.
  • Laut Vorschrift dürfen Nettozinsaufwendungen nur bis zur Höhe von 30 % des EBITDA oder bis zu einem Schwellenwert von 3 Mio. EUR – je nachdem, welcher Betrag höher ist – steuerlich geltend gemacht werden.
  • Es gelten bestimmte Ausnahmen, z. B. für eigenständige Unternehmen oder Projekte von öffentlichem Interesse.
  • Die Regelung findet sich in § 8 Abs. 1 Buchst. d) des Körperschaftsteuergesetzes (Tao. tv.).

Praktische Auswirkungen:

  • Bedeutende Einschränkungen der Zinsabzugsfähigkeit für hoch verschuldete Unternehmen, insbesondere im Immobilien- und Projektgeschäft.
  • Zunehmend relevant bei der Gestaltung von Finanzierungsstrukturen, insbesondere bei konzerninternen Darlehen.
  • Betroffen sind potenziell alle Gesellschaften, die Darlehen von ausländischen Muttergesellschaften oder nahestehenden Dritten aufnehmen.

Allgemeine Schlussfolgerungen und derzeitige Auswirkungen

✅ Die steuerlichen Compliance-Anforderungen sind gestiegen, insbesondere für multinationale Unternehmensgruppen, Investitionsstrukturen und im Bereich der privaten Vermögensverwaltung.
⚠️ Es ist mit verstärkten Prüfungen durch die NAV im Zusammenhang mit GAAR-, CFC- und Zinsabzugsregelungen zu rechnen.
🔍 Umstrukturierungen bestehender Modelle sind erforderlich – insbesondere bei IP-Rechten, Holdinggesellschaften und Strukturen in Niedrigsteuerstaaten.
❗ Ausnahme: Ungarn hat bislang keine Exit-Tax-Regelungen eingeführt, und die Bestimmungen der ATAD 2 zu hybriden Gestaltungen gelten noch nicht vollständig.


Dr. Géza Katona, LL.M.
Rechtsanwalt / Attorney at Law


Katona & Partner Rechtsanwaltssozietät / Attorneys‘ Association
H-1106 Budapest, Tündérfürt utca 4.
Tel.: +36 1 225 25 30
Mobil: +36 70 344 0388
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www.katonalaw.com

Die ungarische Umsetzung der ATAD-Richtlinie – GAAR, CFC und Regelungen zur Unterkapitalisierung

Auf Grundlage der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der Europäischen Union (ATAD – Anti-Tax Avoidance Directive) hat Ungarn in den letzten Jahren schrittweise die erforderliche Rechtsangleichung vollzogen. Zentrale Elemente der Richtlinie – darunter die allgemeine Regelung gegen Steuerumgehung (GAAR), die Vorschriften über kontrollierte ausländische Gesellschaften (CFC) sowie die Regelungen zur Unterkapitalisierung (Thin Capitalization) – wurden in das ungarische Körperschaftsteuerrecht integriert.

Nachfolgend fassen wir die ungarische Anwendung dieser Vorschriften und deren praktische Auswirkungen zusammen.


1. Allgemeine Regel gegen Steuerumgehung (GAAR)

Umsetzung:

  • Bereits vor Inkrafttreten der ATAD verfügte Ungarn über eine allgemeine Regel gegen Steuerumgehung, welche jedoch gemäß Artikel 6 der Richtlinie gestärkt wurde.
  • Die Vorschrift ist in § 1 Abs. 7 des Gesetzes Nr. CL aus dem Jahr 2017 über das Steuerverfahren (Art.) geregelt.
  • Die ungarische Steuerbehörde (NAV) ist berechtigt, Gestaltungen unberücksichtigt zu lassen, deren Hauptzweck (oder einer der Hauptzwecke) die Erlangung eines Steuervorteils ist und die künstlich sind bzw. dem Zweck der Steuervorschriften zuwiderlaufen.

Praktische Auswirkungen:

  • Die NAV beruft sich zunehmend auf diese Vorschrift im Rahmen von Betriebsprüfungen – insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen oder strukturierten Umgestaltungen.
  • Typische Anwendungsbereiche: Immobilienprojekte, Holdingstrukturen, hybride Gestaltungen.
  • Die Anwendung erfolgt jedoch einzelfallbezogen, und die ungarische Praxis ist im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten noch relativ zurückhaltend.

2. Vorschriften über kontrollierte ausländische Gesellschaften (CFC)

Umsetzung:

  • Die CFC-Regelungen wurden durch die Änderung des Körperschaftsteuergesetzes (Gesetz Nr. LXXXI aus 1996 – Tao. tv.) eingeführt, im Einklang mit den Artikeln 7–8 der ATAD.
  • Ab 2019 wurde die Definition einer CFC erweitert:

Eine ausländische Gesellschaft gilt als CFC, wenn ein ungarischer Steuerpflichtiger (allein oder gemeinsam mit verbundenen Unternehmen) über eine Mehrheitsbeteiligung verfügt (mehr als 50 % der Stimmrechte, Kapitalanteile oder Gewinnbeteiligungen) und die effektive Steuerbelastung der ausländischen Gesellschaft weniger als die Hälfte der ungarischen Körperschaftsteuer beträgt.

  • Die von der CFC erzielten, typischerweise passiven Einkünfte (z. B. Zinsen, Lizenzgebühren, Dividenden) sind beim ungarischen Steuerpflichtigen in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

Praktische Auswirkungen:

  • Erhebliche Verwaltungs- und Dokumentationspflichten für Unternehmen mit Auslandbeteiligungen.
  • Besonders relevant bei Holdings, Trusts und IP-Strukturen in Niedrigsteuerländern.
  • Häufige Prüfungsziele: Gesellschaften mit Sitz in Zypern, Malta, den VAE oder Offshore-Gerichtsbarkeiten.

3. Regelungen zur Unterkapitalisierung (Interest Limitation Rule)

Umsetzung:

  • Im Jahr 2019 trat eine neue Regelung in Kraft, die Artikel 4 der ATAD entspricht und das bisherige fixe steuerliche Korrektursystem ersetzt.
  • Laut Vorschrift dürfen Nettozinsaufwendungen nur bis zur Höhe von 30 % des EBITDA oder bis zu einem Schwellenwert von 3 Mio. EUR – je nachdem, welcher Betrag höher ist – steuerlich geltend gemacht werden.
  • Es gelten bestimmte Ausnahmen, z. B. für eigenständige Unternehmen oder Projekte von öffentlichem Interesse.
  • Die Regelung findet sich in § 8 Abs. 1 Buchst. d) des Körperschaftsteuergesetzes (Tao. tv.).

Praktische Auswirkungen:

  • Bedeutende Einschränkungen der Zinsabzugsfähigkeit für hoch verschuldete Unternehmen, insbesondere im Immobilien- und Projektgeschäft.
  • Zunehmend relevant bei der Gestaltung von Finanzierungsstrukturen, insbesondere bei konzerninternen Darlehen.
  • Betroffen sind potenziell alle Gesellschaften, die Darlehen von ausländischen Muttergesellschaften oder nahestehenden Dritten aufnehmen.

Allgemeine Schlussfolgerungen und derzeitige Auswirkungen

✅ Die steuerlichen Compliance-Anforderungen sind gestiegen, insbesondere für multinationale Unternehmensgruppen, Investitionsstrukturen und im Bereich der privaten Vermögensverwaltung.
⚠️ Es ist mit verstärkten Prüfungen durch die NAV im Zusammenhang mit GAAR-, CFC- und Zinsabzugsregelungen zu rechnen.
🔍 Umstrukturierungen bestehender Modelle sind erforderlich – insbesondere bei IP-Rechten, Holdinggesellschaften und Strukturen in Niedrigsteuerstaaten.
❗ Ausnahme: Ungarn hat bislang keine Exit-Tax-Regelungen eingeführt, und die Bestimmungen der ATAD 2 zu hybriden Gestaltungen gelten noch nicht vollständig.


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